Franziskanerkloster zu Annaberg
Neben dem Bau der St. Anennkirche 1499, veranlasste Herzog Georg von Sachsen 1502 den Bau eines Klosters. Es wurde im Zuge der Reformation aufgelöst und fiel 1604 einem Stadtbrand zum Opfer. Auf dem Grundstück des Klosters befindet sich das heutige Amtsgericht und das Finanzamt.
Nachdem Herzog Georg von Sachsen 1499 den Bau der St. Annenkirche befohlen hatte, veranlasste er 1502 auch den Bau eines Klosters in der Stadt, das dem Orden der Franziskaner (dem durch Franz Assisi 1223 gegründeten "Ordo Fratrum Minorum", Orden der geringen Brüder; ein Bettelorden) zugewiesen wurde. Es entstand auf einem vorspringenden Bergrücken im Norden der Unterstadt auf einem Furstück von ca. hundert Metern Länge (zwischen Magazingasse [Süden] und Hermannstraße [Norden] und ca. fünfundsiebzig Metern Breite (zwischen Klosterstraße [Westen] und Mühlweg [Osten]).
Der Grundstein zum Bau wurde am 12.2.1502 in Gegenwart Herzog Georgs von Sachsens, seines Bruders Friedrich und des Bischofs von Meißen, Johann VI von Schleinitz, gelegt. Unter den Baumeistern Conrad Pflüger und Peter Ulrich kam der Bau zügig voran, so daß das Mauerwerk errichtet, der Dachstuhl aufgesetzt und 1506 der Kreuzgang fertiggestellt war. Der Innenausbau zog sich bis 1512 hin. In diesem Jahr wurde auch die Schöne Tür von Hans Witten fertig.
Die Weihe des Klosters erfolgte in der Zeit vom 8. bis zum 14.9.1512. Nach nicht ganz eindeutigen chronikalischen Überlieferungen sollen einhundertzwei Personen an den Feierlichkeiten teilgenommen haben.
Die ein Viereck bildenden Klostergebäude hatten eine annähernde Kantenlänge von ca. zweiundsechzig Mtern im Süden, sechzig im Norden, dreiundsiebzig im Westen und siebzig im Osten.
Den südlichen Gebäudetrakt bildete die im gotischen Stil errichtete Klosterkirche. Ihr Innenraum wurde durch zahlreiche hohe Fenster mit Licht versorgt. Sie besaß Kunstwerke, von denen einige bis heute erhalten geblieben sind: Die Schöne Tür von Hans Witten (einst Ablaßtür an der Südseite der Klosterkirche), zwei Kruzifixe und die Schutzmantelmadonna befinden sich in der St. Annenkirche, der Hochaltar von Hans Hesse in der St. Katharinenkirche zu Buchholz. Teile der kostbaren Klosterbibliothek gelangten in die Lateinschule, von da später in die Kirchenbibliothek von St. Annen. Der gegenüberliegende nördliche Gebäudetrakt war vermutlich das eigentliche Klostergebäude, in dem sich der Kreuzgang, der Kapitelsaal (Versammlungssaal der Mönche), die oft benutzte Fürstenunterkunft und die Schlafräume der Mönche befanden.
Diese beiden Gebäudetrakte waren durch Quertrakte verbunden, von denen der westliche (an der heutigen Klosterstraße) u. a. vermutlich das Refektorium (Speisesaal der Mönche) und der östliche (oberhalb des Mühlweges) u. a. vermutlich Küchen- und Wirtschaftsräume enthielt. Der nördliche Gebäudetrakt sowie die beiden Quertrakte des Klosters waren dreigeschossig, bestanden aus Erd-, I. und II. Geschoß, und hatten, wie die gleichhohe Klosterkirche, ein hohes Spitzdach. Die Klosterkirche überragte die Klostergebäude nur mit ihrem Dachreiter, in dem eine 1505 gegossene, fünfzehn Zentner schwere Glocke mit der Inschrift "O Rex gloriae veni cum pace" (O König des Ruhmes, komme mit Frieden) hing.
Außerhalb des Klosterareals befand sich das Abthaus, das 1518 errichtet wurde und durch einen gewölbten Bogen, einen vermutlich brückenartigen Übergang, mit dem Kloster (Klosterkirche) verbunden war. Es befand sich an der Ecke Klosterstraße - Magazingasse, wo heute ein Gebäudeteil des Postamtes steht. Das Abthaus diente dem Abt des Franziskanerklosters zu Chemnitz, der die Aufsicht über das Annaberger innehatte, als Unterkunft. In diesem führte er auch seine Amtsgeschäfte. Das Kloster beherbergte ständig zwölf Mönche. Jeweils zwei von ihnen mussten täglich ihre Bettelgänge verrichten. Ihre Bettelbereiche erstreckten sich nicht nur auf die Stadt, sondern auch auf ihre Umgebung. Kehrte ein Mönchspaar von einem Bettelgang zurück, ging das nächste. Es wird angenommen, dass das Annaberger Kloster wohlhabend war. Unter den Mönchen befand sich auch ab 1510 der spätere Reformator Friedrich Myconius.
Die 1539 im Herzogtum Sachsen eingeführte Reformation machte dem Klosterleben ein Ende. Sie hatte schon viel früher an das Klostertor geklopft, für Aufregung und Unruhe gesorgt und Gegenmaßnahmen heraufbeschworen. Das rätselhafte Schicksal des Annaberger Mönchs Johann Welsch, der angeblich 1530 lebendig begraben wurde, ist nie aufgeklärt worden. Das Gerücht bekam 1802 durch den Fund eines nördlich der Klosterkirche eingemauert gewesenen Skeletts neue Nahrung- oder Bestätigung?
Von den zwölf zuletzt noch im Kloster lebenden Mönchen wurden vermutlich vier lutherisch, acht blieben ihrem alten Glauben treu. Diese wurden 1540 aus Annaberg verwiesen und fanden in den Franziskanerklöstern zu Caaden und Eger eine neue geistliche Heimat. der Klosterschatz wurde eingezogen, eingeschmolzen und vermünzt.
Die klostergebäude blieben weitgehend ungenutzt. Nur in der Klosterkirche fanden noch eine Zeitlang sonn- und feiertags am Nachmittag und mittwochs am Vormittag evangelische Gottesdienste statt.
Die Klostergebäude und das Abthaus fielen dem Stadtbrand vom 27.4.1604 zum Opfer. Die Klosterruinen blieben bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts liegen. Heute befinden sich auf dem ehemaligen Klosterareal das Finanzamt (Magazingasse, einst Ort der Klosterkirche) und das Amtsgericht (oberhalb Mühlweg, einst Ort des östlichen Quertraktes).
Von der einstigen Klosterkirche blieb die Ruine ihres Chores bis heute erhalten und erinnert an die Vergangenheit.